Die Gattung Hyphessobrycon ist aber insgesamt nicht unproblematisch, denn sie umfasst mit 129 wissenschaftlich beschriebenen nicht nur sehr viele Arten, sondern weist auch eine große Formenvielfalt auf. Neben hochrückigen, wie den aquaristisch so bedeutsamen „Rosy Tetras“ (den Blut-, Kirschfleck-, Phantom-, Schmucksalmlern und ihren Verwandten), gibt es auch gestreckte, schlanke Formen, die auf den ersten Blick wenig mit den anderen zu tun haben scheinen. Hierher gehören auch jene Arten, die ein schwarzes Längsband aufweisen. Für sie stellte Géry (1977) die „Hyphessobrycon-heterorhabdus- Gruppe“ auf.

Ihr Namensgeber, H. heterorhabdus, ist aquaristisch gut bekannt und wird auch als „Dreibandsalmler“ bezeichnet. Bis vor Kurzem gab es zwei Verwechslungsarten zu H. heterorhabdus, nämlich H. amapaensis und H. agulha. Allen drei Salmlern gemeinsam ist, dass sie außer dem schwarzen Längsband noch je eine golden glänzende und eine rote Binde aufweisen, daher Dreibandsalmler. Diese Unterscheidung gibt es jedoch nur aquaristisch, denn an in Alkohol konservierten Tieren verschwinden rote und goldene Farbmerkmale, sodass sie in den Bestimmungsschlüsseln, die ja in erster Linie für Museums-Zoologen gedacht sind, nicht berücksichtigt werden. Während H. heterorhabdus und H. amapaensis gut bekannte Aquarienfische und gewöhnlich auch richtig bestimmt sind, sieht das mit H. agulha etwas anders aus. Diese Art, von Fowler 1913 aus dem Rio Madeira beschrieben, wurde aquaristisch nie richtig aufgearbeitet, in den meisten Büchern taucht noch nicht einmal ihr Name auf. So wird zurzeit fast jeder Dreibandsalmler, der nicht eindeutig H. heterorhabdus oder H. amapaensis ist, als H. agulha, H. cf. agulha oder H. sp. aff. agulha bezeichnet.
Nun beschrieb das Ichthyologen-Team Garcia-Alzate, Román-Valencia & Ortega zwei Arten aus der H.-heterorhabdus- Gruppe aus dem Madre de Dios in Peru neu, H. taphorni und H. eschwartzae. Hyphessobrycon taphorni, benannt zu Ehren des Fischkundlers Donald C. Taphorn, ist eine zwergige Spezies von maximal 23 Millimetern Standardlänge und bisher leider nur als Alkoholpräparat bekannt. Sie scheint nicht zu den Dreibandsalmlern zu gehören, sondern erinnert mit ihrem relativ breiten Lateralband, das weder auf der Schulter noch an der Schwanzwurzel der Fische irgendwelche Verbreiterungen oder dergleichen zeigt, eher an H. loretoensis. Sollten Exemplare dieser Art schon einmal nach Deutschland gelangt sein, wurden sie möglicherweise für Jungtiere des Loretosalmlers gehalten. Tatsächlich kommt H. loretoensis nach Garcia-Alzate et al. auch in der Madre-de-Dios-Region vor. Die Autoren nennen drei bereits beschriebene Arten der H.-heterorhabdus-Gruppe aus diesem Gebiet: Hyphessobrycon nigricinctus, H. agulha und H. loretoensis. Von allen drei Spezies unterscheidet sich H. taphorni durch die Flossenformel der Rückenflosse (iii/8 gegenüber ii/9) die geringe Zahl der Poren in der Seitenlinie (vier oder fünf gegenüber sechs bis 24) und weitere morphometrische, Beschuppungs- und Bezahnungs-Merkmale. Interessant ist, dass Garcia-Alzate et al. für die Art H. loretoensis angeben, dass sie einen Schulterfleck aufweist. Trifft das zu, dann handelte es sich vermutlich sogar bei der Mehrzahl der in den vergangenen Jahren importierten Loretosalmler in Wirklichkeit um H. taphorni, denn sie wiesen niemals einen solchen Fleck auf. Die zweite Art, H. eschwartzae, ist hingegen ein Dreibandsalmler im engeren Sinn und wurde auch schon importiert. Sie ist gut an dem auf der Schulter tropfenförmig verbreiterten Längsband zu erkennen, ein Merkmal, das sie mit H. agulha teilt. Darum wurde der Fisch im Handel auch bislang als H. cf. agulha bezeichnet. Hyphessobrycon eschwartzae – der Artname ehrt die Künstlerin Eugenia Schwartz, deren finanzielle Unterstützung die Aufsammlung des Typusmaterials ermöglichte – unterscheidet sich von den übrigen Vertretern der H.-heterorhabdus-Gruppe im Madre-de-Dios-Einzug durch die höhere Zahl der ungeteilten Afterflossenstrahlen (iv gegenüber iii) sowie mehrere morphometrische, Bezahnungs- und Beschuppungsmerkmale. Die Identität der Tiere ist auch insofern unzweifelhaft festzustellen, als in der Artbeschreibung neben dem konservierten Holotypus ein lebendes Exemplar abgebildet wird.

Literatur
Garcia-Alzate, C. A., C. Román-Valencia & H. Ortega (2013): Hyphessobrycon taphorni y H. eschwartzae (Teleostei: Characidae), dos nuevas especies de peces de la cuenca del río Madre de Dios, Perú. – Rev. Biol. Trop.(Int. J. Trop. Biol.) 61 (2): 859–873.
Géry, J. (1977): Characoids of the world. – T. F. H. Publications Inc., Neptune City.
Hoffmann, P., & M. Hoffmann (2012): Der Schwarzbandsalmler und seine schwarz gestreiften Verwandten. – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 65 (10): 34–39.