Neue L-Nummern gab es schon länger nicht mehr. Nun kommt eine ganze Serie – rechtzeitig zu den 3. Inter­nationalen L-Wels-Tagen im November in Hannover. Die Panaqolus aus dem Río Itaya werden dort übrigens Thema eines eigenen Vortrags sein. | Von Andreas Tanke

Als ich im September 2012 den Aquarienfischzüchter und -exporteur Martin Mortenthaler in Iquitos (Peru) besuchte, besichtigte ich natürlich auch seine Anlage. Schnell kamen wir auf mein Lieblingsthema – Harnischwelse – zu sprechen, und Martin zeigte mir den Inhalt eines eher unscheinbaren Beckens. Es diente in erster Linie der Aufzucht möglicher Zuchttiere. Alle Tiere hatte er vor gut zwei Jahren aus einer einzigen Lieferung junger, etwa zwei Zentimeter langer Panaqolus cf. changae aus dem Río Itaya heraussortiert. Inzwischen waren sie zumindest semiadult und gestatteten eine sichere Artzuordnung. Insgesamt handelte es sich um sechs verschiedene Spezies.

Beginnen möchte ich mit einem Phantom. SEIDEL & EVERS (2005) präsentierten einen Tigerharnischwels aus Peru, der eine starke Ähnlichkeit zu L 2 zeigt, aber kurze Filamente an der Schwanzflosse ausbildet. Allerdings hatten sie keinen Fundort für den Wels und nannten ihn vorläufig Panaqolus sp. „Peru I“. Mit der nun vorhandenen Fundortangabe – Río Itaya – können wir dem Tier auch eine Nummer zuordnen: L 458. Es handelt sich um einen typischen Vertreter der Gruppe der Tigerharnischwelse mit beigefarbener Grundtönung und dunkelbraunen Streifen. Er sollte mit zehn bis zwölf Zentimetern Gesamtlänge nicht allzu groß werden. Hoffen wir, dass die peruanischen Fänger bald weitere dieser schönen Loricariiden fangen, damit wir sie endlich in un­sere Aquarien pflegen können!

Überraschend entwickelte sich ein Tier aus Mortenthalers Gruppe anders, es war deutlich länger gestreckt als die übrigen. Schon ein erster Blick auf den Habitus des mittlerweile subadulten Fisches lässt erkennen, dass wir es sich nicht mit einem Panaqolus, sondern eher mit einem Ancistomus zu tun haben, und zwar mit A. furcatus. Diese sehr hübsche und klein blei­bende Art dürfte sich in der Aquaristik rasch etablieren, zumal sich Ancistomus weder an Pflanzen vergreifen noch für eine hohe Wasserbelastung sorgen (anders als etwa Panaqolus).
Schon vor einigen Jahren stellte WARZEL (1996) einen Panaqolus aus dem peruanischen Amazonas-Einzug vor. Spätestens seit dem Erscheinen der Wels-Atlanten wissen wir, dass P. sp. (L 206) auch aus dem Río San Alejandro kommt, einem kleinen, rechtsseitigen Zufluss des Río Aguaytia, der wiederum linksseitig in den Ucayali mündet. Wie SEIDEL mir berichtete, werden diese Tiere aber in großen Teilen Perus – vom Norden bis in den Süden (noch unterhalb von Pucallpa) – gefangen. Einige Exemplare aus Mortenthalers Welsgruppe ließen sich mit ihrer gepunkteten Caudale als L 206 identifizieren, womit wir einen weiteren Fundort dieser Art kennen.
Unter den Welsen befanden sich einige Tiere, die P. sp. (L 206) sehr ­ähnlich sehen, aber eine gestreifte Caudale haben. Im Wels-Atlas wurden sie als P. sp „Peru II“ bezeichnet. Mit der nun vorliegenden Fundortangabe – Río Itaya – können wir auch diese Lücke schließen und den Tieren endlich einen Code geben: L 459.
Mehrere dieser Fische entwickelten sich zu prächtigen, dunkelbraunen Harnischwelsen mit hellbeige­farbenen Streifen. Tiere mit einer solchen auffälligen Zeichnung waren ­bereits aus diesem Einzugsgebiet bekannt: 2009 stellte WERNER P. sp. (L 425) aus dem Río Maquia vor, einem Río-Ucayali-Zufluss in der Nähe von Contamana. Mit dem neuen Fundort – Río Itaya – erweitert sich das Verbreitungsgebiet dieser Art beträchtlich.
Generell sind die Harnischwels-Vorkommensgebiete im nordperuanischen Tiefland mit seinen vielen Weißwasserflüssen deutlich größer als beispielsweise jene im brasilianischen Unterlauf des Amazonas mit seinen zahlreichen Klarwasserflüssen. Letztere müssen zudem oftmals größere ­Höhenunterschiede überwinden, also Stromschnellen oder Wasserfälle passieren. Solche Hindernisse sind effektive Barrieren, sodass etliche Klarwasserflüsse durch eine höhere Arten­diversität und kleinere Verbreitungsgebiete der einzelnen Spezies gekennzeichnet sind als die Gewässer in der Region um Iquitos und Pucallpa. Derart große Verbreitungsgebiete wie das nun von L 425 bekannte sind in Peru durchaus nicht ungewöhnlich.
L 425 zählt natürlich – wie P. albomaculatus – zur Gruppe der Weißpunkt-Harnischwelse (TANKE 2013), die sich von allen anderen Gruppen der Gattung Panaqolus dadurch unterscheiden, dass sie fast parallele und keine V-förmigen Unterkieferhälften besitzen.
Als Ergänzung sei hier noch eine weitere Art aus diesem Formenkreis vorgestellt. Schon im Sommer 2006 entdeckte ich bei der Zierfischzüchterei Schau in Greiz (Thüringen) in einer Importsendung einen auffällig schönen Harnischwels. Er wurde damals unter dem Namen P. sp. „Río Tigre“ gehandelt. Erstmals angeboten wurden auch diese Tiere von Martin Mortenthaler, der sie im Río Tigre, einem Zufluss des Río Marañón, im peruanischen Bundesstaat Loreto gefangen hatte. Wie ich von Mortenthaler erfuhr, stammen diese Loricariiden wohl aus dem Mittellauf des Flusses, aus dem sicher noch weitere neue ­Arten zu erwarten sind.
Panaqolus sp. (L 460) haben eine dunkelbraune bis schwarze Grundfarbe und feine, hellbraune Sattelstreifen. Auf den ersten Blick kann man die Art mit den schon erwähnten P. sp. (L 425) verwechseln. Aber L 460 besitzt größere Augen, und die Grundfärbung ist viel dunkler; bei L 425 sind sowohl die Grundfärbung als auch die Sattelstreifen deutlich heller, eher beige.
Im Aquarium erwies sich L 460 als zurückhaltend bis schüchtern. Die ­Ernährung erfolgt, wie bei allen Panaqolus, mit Welstabs, Granulat, frischem Gemüse sowie gelegentlich feinem Frostfutter, wie Cyclops, Moina oder Ähnlichem. Außerdem sollte das Aquarium reichlich weiche Wurzeln enthalten, die die Tiere sowohl zum Verstecken als auch zum Fressen nutzen.

Literatur
EVERS, H-G., & I. SEIDEL (2002): Wels-Atlas, Band 1. Südamerikanische Welse der Familien Loricariidae, Cetopsidae, Nematogenyidae und Trichomycteridae. – Mergus-Verlag, Melle.
SEIDEL, I., & H.-G. EVERS (2005): Wels-Atlas, Band 2. Hypostominen, Lithogeneinen und Neoplecostominen. – Mergus-Verlag, Melle.
TANKE, A. (2013): Panaqolus – ein erster Überblick über die Gattung – D. Aqu. Terr. Z. (DATZ) 66 (7): 28–32.
WARZEL, F. (1996): Neu importiert: Loricariiden aus Peru. – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 49 (2): 74–75.
WERNER, A. (2009): Wieder neue L-Nummern. – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 62 (3): 36.