Philippinen 01 gross webDie Philippinen-Insel Bohol bietet dem Schnorchler und Taucher alles, was er sich erträumen mag. Insbesondere die Halbinsel Panglao mit ihren Tauchbasen und artenreichen Riffen ist für den Naturinteressierten ein kleines Paradies. | Von Daniel Heerz

Liebenswerte Menschen und eine zauberhafte Natur – das ist nach der Rückkehr von meiner ersten Philippinen-Reise das Fazit. Der Archipel umfasst insgesamt 7107 Inseln, aber nur ganz wenige sind bewohnt.

Insgesamt leben rund 75 Millionen Filipinos auf der Inselgruppe nordöstlich von Malaysia, rund 500 Kilometer südlich von Taiwan. Westlich der Inseln liegen Südchinesisches Meer, Sulu- und Celebessee, im Osten erstreckt sich der Pazifische Ozean.

Die größte Insel ist Luzon mit einer Fläche von 104688 Quadratkilometern. Hier befindet sich auch die Hauptstadt Manila. Unser Reiseziel waren die Visayas, die zentralen Inseln des Staates zwischen Luzon im Norden und Mindanao im Süden. Mit den „Jeepneys“ (von den US-Amerikanern zurückgelassene, zu Minibussen umgebaute Jeeps), dem Moped-Taxi (überdacht und mit bis zu vier Sitzplätzen), einem Mietwagen oder Motorrad kann man auf diesen Inseln jeden Winkel erreichen.

Ankunft im Bohol Sea Resort
Rund 14 Stunden dauerte der Flug von Frankfurt nach Cebu mit einem Zwischenstopp in Hongkong. Auf Cebu ging es per Schiff weiter, wir wollten zur Nachbarinsel Bohol. Das wichtigste Verkehrsmittel zwischen den Inseln – für Bewohner wie für Touristen – sind die mehrstöckigen, klimatisierten, bequemen und flotten Speedboats.

Nach Tagbilaran, dem Hafen von Bohol, brauchte unser Boot zwei Stunden. Dann folgte noch eine Taxifahrt zur Halbinsel Panglao mit ihren schönen Sandstränden, Pensionen und kleinen Hotels. Insgesamt dauerte die Anreise 26 Stunden.

Panglao ist ein Paradies für Taucher und Naturliebhaber, die einsame Strände lieben. Der touristische Trubel beschränkt sich auf wenige Strandabschnitte. Wir wohnten im „Bohol Sea Resort“. Die Anlage wird von einem deutschen Tauchreiseveranstalter betrieben, der sich hier mit seiner philippinischen Frau eine schöne Existenz aufgebaut hat. Internationalen Hotelstandard („all inclusive“) sucht man hier vergebens, die Unterkünfte sind eher einfach. Garküchen, Restaurants, Bars und kleine Supermärkte lassen es dem Gast aber an nichts fehlen. Wir jedenfalls fühlten uns in der bodenständigen Anlage mit nur 20 Betten ausgesprochen wohl, zumal sie vom bekannten Taucherstrand „Alona Beach“ gerade einmal 20 Gehminuten entfernt liegt.
Am Alona Beach trifft sich die internationale Taucherszene. Wohl an die 80 Boote liegen in der Bucht, fast ausschließlich traditionelle Auslegerboote, mit ihrem minimalen Tiefgang für korallenreiche Gewässer bestens geeignet. Der „Bohol Beach Club“ ist das luxuriöseste Resort auf Bohol und bietet neben dem schönsten Strandabschnitt sehr komfortable Unterkünfte direkt am Meer. Gegen ein geringes Eintrittsgeld darf man als Tagesbesucher die gesamte Einrichtung nutzen und den Strand mit seinem vorgelagerten Riff genießen.

Erster Blick unter die Oberfläche
Schon der erste Schnorchelgang lässt uns die beschwerliche Anreise vergessen: Bereits im Flachwasser, ganz nah am Ufer, prägen große Steinkorallenformationen das Bild, bewohnt von unzähligen Riffbarschen und bunten Seesternen.

Der erste Flaschentauchgang findet zwar nur in wenigen Metern Tiefe statt, bestätigt aber bereits, dass die Küstengewässer der Philippinen mit allein rund 3000 Fischarten zu den weltweit artenreichsten marinen Lebensräumen gehören. Vor allem im „Nahbereich“ gibt es ungeheuer viel zu sehen, wobei man allerdings manche Lebewesen erst auf den zweiten Blick entdeckt. Aquarianer und Unterwasserfotografen kommen voll und ganz auf ihre Kosten. Wer hingegen Haie, Rochen und andere spektakuläre Großfische sucht, ist hier am falschen Ort.

Die unterschiedlichsten Korallen, Seeanemonen, Röhrenwürmer, Nacktschnecken, Haarsterne und viele weitere Wirbellose, aber auch Seeschlangen bekommen wir zu Gesicht. Ich kenne keinen zweiten Ort, an dem man auf einem einzigen Tauchgang bis zu sechs Anemonenfischarten begegnet:
Amphripion clarkii, A. ocellaris, A. sandaracinos, A. frenatus, A. nigripes und A. perideraion. Manchmal sind ihre Wirtsanemonen zudem von jungen Preußenfischen bewohnt, meist von Dreifleck-Preußenfischen (Dascyllus trimaculatus). Ausgewachsene D. trimaculatus traf ich hingegen stets in ästigen Steinkorallenformationen an.

Noch weitere Untermieter fanden wir in einer Seeanemone in offenbar friedlicher Eintracht mit den Anemonenfischen: Anemonenkrabben (Neopetrolisthes sp.), Hohlkreuz- (Thor amboinensis) und Partnergarnelen (Periclimenes spp.).

An allen küstennahen Riffen wuchsen zahlreiche großpolypige Steinkorallen, darunter Goniopora spp., Plerogyra spp., Fungia spp., Heliofungia actiniformis und Blasto-mussa sp. Nicht weniger artenreich waren bereits im Flachwasser die Weichkorallen vertreten, vor allem die Gattungen Sarcophyton, Sinularia, Xenia und Cespitularia. Anscheinend sind die Lebensbedingungen für Hexa- und Octocorallia hier noch immer überdurchschnittlich gut. Etliche dieser Weichkorallen gehören seit Beginn der Riffaquaristik zum festen Bestand der Händler und Liebhaber, weil sie sich so gut halten und vermehren lassen.

An strömungsreichen Riffabschnitten fand ich Haarsterne in erstaunlicher Zahl und Vielfalt – und als Untermieter nicht selten kleine Garnelen und Schildfische. Leider scheitert die längerfristige Aquarienhaltung zumindest der meisten Haarsternarten noch immer an Ernährungsproblemen. Ein hilfreiches Instrument bei der Suche nach Kommensalen („Tischgenossen“) sowohl dieser höchst zerbrechlichen Stachelhäuter als auch der Seeanemonen ist ein Edelstahlstab, den unsere Tauchführer Ella und Sandro regelmäßig, professionell und sehr erfolgreich einsetzten. Als Zeiger erwies sich dieser „verlängerte Finger“ ebenfalls als äußerst praktisch, etwa um unsere Aufmerksamkeit auf eine zierliche Partnergarnele in einem dichten Wald aus langen, spitzen Diademseeigel- Stacheln oder durch kurzes, gut hörbares Klopfen an der Pressluftflasche auf unsere Guides zu lenken.

Die Sichtweite unter Wasser schwankt. Sie hängt von Umweltfaktoren wie Strömung, Regen, Lichteinfall und Schwebstoffgehalt ab. Auf den Philippinen scheinen die vielen Korallen und Filtrierer nicht zuletzt wegen der großen Mengen an Phyto- und Zooplankton so prächtig zu gedeihen.

Und seitdem ich täglich Plankton verfüttere (80 Prozent Phyto-, 20 Prozent Zooplankton), entwickeln sich auch in meinen Aquarien die sessilen Wirbellosen viel besser. Beobachtet man im Meer die vor allem in trübstoffreichen Flachwassergebieten so zahlreichen und prächtigen Goniopora und Euphyllia, wird einem schnell klar, dass solche Bedingungen im „Wohnzimmerriff“ ebenfalls zu einem erfolgreicheren Gedeihen dieser anspruchsvollen Steinkorallen beitragen dürften. Viele Riffaquarien sind derart nährstoffarm, dass zooxanthellate Korallen (Korallen mit symbiotischen Algen), die auf Zusatznahrung angewiesen sind, ohne Zufütterung einfach nicht gut wachsen.

Zurück zu den Riffen von Bohol. Viele bunte Seescheiden sahen wir dort und an den Riffhängen etliche schöne Muscheln, darunter die rote Feilenmuschel (Limaria sp.) und die Variable Stachelauster (Spondylus varius). Zwischen den an der Riffkante dicht wachsenden Steinkorallen (Acropora, Montipora, Stylophora, Porites) finden sich unzählige schutzsuchende Schwarmfische. Riffbarsche (Pomacentrus, Dascyllus, Chromis) stehen friedlich in dichten Schwärmen über ihren Wirtskorallen. Hier lebt selbst der aggressive Dreifleck-Preußenfisch (Dascyllus trimaculatus) im Schwarmverband. Der hohe Feinddruck – es gibt viele „Raubfische“ – hält die Tiere zusammen. Im Aquarium entwickeln sich alle diese Riffbarsche schnell zu Raufbolden: Egal von welcher Art man eine Jungtiergruppe einsetzt – immer bleibt höchstens ein Paar übrig, das dann andere Beckenbewohner, insbesondere Neulinge, tyrannisiert und einen (über)großen Teil des vorhandenen Raumes als Territorium beansprucht. Also genieße ich ihren Anblick lieber hier …

An den Riffhängen von Panglao ist das Meer eine wahre Fischsuppe, in der sich – allen voran – Unmengen verschiedener Fahnenbarsche (vornehmlich Pseudanthias squamipinnis und P. tuka) sowie Grüner Schwalbenschwänzchen (Chromis viridis) tummeln. Diese kleinen Barschartigen bleiben auch im Aquarium friedlich und lassen sich – bei täglich mehrmaliger Fütterung – erfolgreich als Gruppe halten.

Naturschutz ist auch auf den Philippinen keine neue Erfindung. Er steckt aber dennoch erst in den Anfängen, und wie in vielen Ländern funktioniert der Meeresschutz noch nicht so richtig. Wir hörten von Dynamitfischerei und Cyanid-Einsatz, Haifischfang und anderen schlimmen Dingen, bevor wir uns für die Reise entschieden.

An Ort und Stelle fielen uns große, isolierte Riffareale auf. In diesen mit Bojen markierten Schutzgebieten ist der Fischfang verboten. Abgesehen von wenigen Fischern mit Angeln oder Harpunen sahen wir dort keine kommerziellen Fänger. Doch auch in den umliegenden Riffen war der Fischreichtum dank der Schutzgebiete erstaunlich hoch. So kommen die Schutzzonen den vom Fischfang lebenden Filipinos ebenfalls zugute.

Das Meer dient überall auf den Philippinen der menschlichen Ernährung. So findet man beim Schnorcheln im Riff häufiger Kontakt zu Einwohnern, die Angeln, Reusen und Netze auslegen oder Schnecken sammeln.

Auf dem Fischmarkt in Tagbilaran (Bohol) sieht man bekannte Aquarienfische, die für den Kochtopf bestimmt sind. Kaiser- und Doktor-, Kaninchenund Lippfische stehen ebenso auf dem Speisezettel wie Rochen, Makrelen und Thunfische. Das hat sicher keine schlimmen Folgen für die Bestände der betroffenen Arten.
Problematisch hingegen ist der exzessive Haifischfang mit Langleinen. Die Flossen der Knorpelfische werden hauptsächlich nach China und Japan exportiert, wo sie zu Suppe verarbeitet werden. Beim Tauchen begegnet man kaum noch Haien. In den von Menschen bewohnten Regionen leben die Restbestände inzwischen meist unterhalb von 50 Metern Tiefe. Wegen des Haifischfangs meiden die Tauchbasen bestimmte Riffe. So kamen wir beispielsweise nicht in den Genuss, Snake Island und Pamicalan zu besuchen. In küstennahen Riffen spürt man die erhöhte Fluchtdistanz großer Fische.

Nähert man sich ihnen, suchen sie schnell das Weite. So war es hier viel schwieriger, Kaiser- und Falterfische zu fotografieren als etwa im Roten Meer. Auffällig war auch das geringe Vorkommen von Riesenmuscheln, die mittlerweile an fast allen zugänglichen tropischen Küsten stark dezimiert sind. Einzelne, teils über 30 Zentimeter große Tridacna maxima fand ich aber dennoch, wenn auch zumeist in den markierten Schutzzonen der Riffe. Das Fleisch der Riesenmuscheln wird gegessen, ihre Schalen dienen als Aschenbecher oder Souvenirs.

Zweifellos muss noch einiges mehr getan werden, um ein langfristiges Überleben der Tridacnen zu sichern. Im Norden der Philippinen, bei Manila auf Luzon, gibt es inzwischen eine Zuchtfarm, die Riesenmuscheln in erster Linie für den Aquaristikmarkt vermehrt. Ein unverfälschter Ort ist Balicasac südwestlich vor Panglao. Viele Taucher rechnen diese Insel mit drei wunderschönen Tauchzielen zu den 50 „besten“ Riffen der Welt. Nach zwei Tauchgängen kann ich mich dieser Bewertung nur anschließen. Der erste fand an einem nicht sonderlich steil abfallenden Riff mit überwältigendem Reichtum an Fischen und Steinkorallen statt, der zweite erfolgte an einer Steilwand, die rund 100 Meter in die Tiefe abfällt.

An dieser Wand zu tauchen war ein ganz besonderer Genuss. In klarstem Wasser stießen wir auf übermannsgroße Gorgonien, unendlich viele bunte Weichkorallen und unzählige kleine wie große Fische. Vor lauter Staunen mussten wir aufpassen, dass wir nicht zu tief sanken. Unterhalb von 50 Metern Tiefe sollen hier Fuchshaie patrouillieren. Wir begnügten uns jedoch mit 30 Metern und begegneten immerhin einem etwa 90 Zentimeter langen Sternfleck-Kugelfisch (Arothron stellatus), der gemeinsam mit einem Trompetenfisch umherzog. Außerdem umgaben uns Schwärme herrlicher Falter- und Doktorfische, Riff- und Fahnenbarsche.

Die azooxanthellaten Korallen (die Arten ohne Symbiosealgen) profitieren offenbar sehr von der kräftigen Strömung an dieser Steilwand, denn sie sorgt für eine reiche Planktonzufuhr. Wir stießen auf eine kapitale Siphongorgia, die wir zunächst für eine Hornkoralle hielten. Erst bei genauer Betrachtung der Polypen entpuppte sich der große Fächer als Weichkoralle.

Seeschlangen sind zwar in Asien nichts Außergewöhnliches, doch für mich ergab sich in Balicasac die erste Begegnung mit diesen schönen, sehr giftigen, aber zum Glück kaum angriffslustigen Reptilien. Das Risiko, als Taucher oder Badender gebissen zu werden, ist gering. Ernsthaft gefährdet sind jedoch Fischer und Schlangensammler, die den Tieren regelmäßig nachstellen. Zwar verursacht der Biss einer Seeschlange nur geringe Schmerzen, doch können ihre Giftdrüsen – je nachdem, wie lange der letzte Biss zurückliegt – ein Mehrfaches der für einen Menschen tödlichen Toxinmenge enthalten. Eine halbe Stunde bis eineinhalb Stunden nach dem Biss treten motorische Störungen, Lähmungserscheinungen und häufig auch Muskelschmerzen auf, schließlich kommt es zum Tod durch Atemlähmung. Die Mortalitätsrate liegt nach einer vorsichtigen Statistik bei 17 Prozent, in Wirklichkeit aber angeblich deutlich höher.

Beim Tauchen trafen wir öfter auf die schwarzweiß geringelte Seeschlange Laticauda colubrina. Die Tiere befanden sich auf der Jagd nach Fischen und reagierten sofort auf uns. Beim Fotografieren schwamm plötzlich ein Jungtier direkt auf mein Gesicht zu. Ich wehrte es mit der Kamera ab, und es suchte das Weite. Ein anderes Mal kam ein größeres Exemplar auf mich zu, als wir es zu mehreren betrachteten, und glitt dicht unter meinen Beinen an mir vorbei. Am liebsten hätte ich nach diesem Schrecken den Tauchgang abgebrochen…

In solchen artenreichen Riffen begegnet man zwangsläufig Tieren, die man zuvor nie sah. So entdeckte ich eine wunderschöne dreifarbige Scheibenanemone. Sie siedelte in 15 Metern Tiefe leicht abgeschattet am Riffhang. Ihre kurzen Tentakel verrieten, dass es sich um eine Rhodactis-Art handelte.

Eine Gruppe Lippfische anzutreffen, die zwischen den ungewöhnlich langen Tentakeln einer Heliofungia-Pilzkoralle Schutz suchen, ist gewiss nicht alltäglich. Nicht weniger beeindruckend waren die zahlreichen Kissenseesterne, die wir vor allem beim Schnorcheln in flachen Lagunen und Seegraswiesen in allerlei Farbformen antrafen. Sie ernähren sich von tierischem wie pflanzlichem Aufwuchs, Seeigeln, Blumentieren und Aas. Somit kommen sie für Riffaquarien kaum in Frage, doch für ein Fischaquarium können diese attraktiven Stachelhäuter eine Bereicherung sein.

Wen wundert’s, dass meine Frau und ich bereits die nächste Reise zu den Philippinen planen? Mein Dank gilt dem Team des Reiseveranstalters „Lagona Travel“ sowie unseren hilfsbereiten Tauchbegleitern Ella und Sandro vom Bohol Sea Resort. Was ich auch sehen wollte – ob Feilenfisch, Anglerfisch oder gar Pygmäen-Seepferdchen –, es dauerte nicht lange, und die beiden erfüllten mir den Wunsch!