Süsswasser
Zwei Turmdeckel-Schnecken (2)
Im ersten Teil des Beitrags ging es um die altbekannte Malaiische Turmdeckelschnecke, in der Regel ein willkommener Gast in unseren Aquarien, der aber auch bei einem Massenauftreten zur Plage werden kann. | Von Uwe Werner
Die auf den folgenden Seiten näher vorgestellte Schneckenart gehört noch nicht allzu lange zum Gastropoden-Sortiment in der Süßwasser-Aquaristik.
Turmdeckel-Raubschnecke
Die kleine, aus Asien stammende Turmdeckel-Raubschnecke (Clea helena [Meder, 1847]) wurde ursprünglich gar nicht gezielt importiert, sondern gelangte versehentlich nach Deutschland; sie wurde mit Wasserpflanzen eingeschleppt. Aufgrund ihres dekorativen Aussehens und ihrer speziellen Ernährungsweise wird sie aber seit 2006 mehr oder weniger regelmäßig eingeführt. Auch sie kann nämlich helfen, andere Schnecken zu reduzieren, da ihre natürliche Nahrung
in beträchtlichem Umfang aus ihresgleichen zu bestehen scheint. Doch davon soll gleich noch die Rede sein.
Die Turmdeckel-Raubschnecke gehört zur Familie der Kinkhörner oder Hornschnecken (Buccinidae), deren Vertreter allesamt Fleischfresser (karnivor) sind. Ursprünglich hatte Meder 1847 (in Philippi) sie als Clea-Art beschrieben, doch überführte Crossman sie 1901 in seine neu aufgestellte Gattung Anentome. Heute gilt dieses Taxon als Untergattung und A. theminckiana (Petit, 1853) als Synonym. Auch bei C. nigricans (Adams, 1855) könnte es sich um dieselbe Spezies handeln, vielleicht aber auch um eine nah verwandte weitere Art.
Das natürliche Vorkommen dieser Schnecke umfasst weite Teile Südostasiens (Indonesien, Malaysia, Thailand), wo sie nicht nur fließende (Flüsse, Bäche), sondern auch stehende Gewässer (Weiher, Seen) bewohnt. Sie lebt hauptsächlich am Boden, bevorzugt schlammige Habitate und feinkörnige Untergründe, ist gelegentlich aber auch auf steinigem und felsigem Substrat anzutreffen. Im Aquarium soll sie sich in klarem, sauerstoffreichem Wasser am wohlsten fühlen. Außerdem ist ein feiner oder zumindest nicht zu schwerer Bodengrund angeraten, da sie sich zur Nahrungssuche gern eingräbt.
Anatomisches
Das Schneckenhaus von C. helena ist wie das von M. tuberculata ausgesprochen festwandig, also dick und nicht durchscheinend, dabei rechtsgedreht und kegelförmig konisch. Es besteht aus vier bis sechs Windungen und kann 15 bis 28 Millimeter lang werden. Die Umgänge sind meist mit unterschiedlich stark ausgebildeten axialen Rippen besetzt, die gelegentlich aber auch fehlen. In der oberen Hälfte sind sie mit feinen spiraligen Linien versehen. Am unteren Ende, wo sich die relativ große, ovale Gehäusemündung befindet, die bei einer Gehäusehöhe von 21 Millimetern etwa einen Zentimeter hoch und fünf Millimeter breit
XXL-Nachzucht des Chamäleonsalmlers
Unter den über 250 Salmlerarten, die „die Hoffmänner“ in den vergangenen Jahrzehnten nachgezogen haben, gehört die hier vorgestellte zweifellos zu den spektakulärsten. | Von Peter und Martin Hoffmann
Mehrfach berichteten wir über diesen Salmler, unseren Lieblings-Beifang, in der DATZ, sogar schon sehr ausführlich (Hoffmann & Hoffmann 2001, 2004, 2009). Unseren aktuellen Nachzuchterfolg möchten wir interessierten Lesern dennoch nicht vorenthalten.
Vor drei Jahren hatten wir die letzten Exemplare von Hemigrammus coeruleus, wie immer als Beifang, von Aquarium Glaser (Rodgau) erhalten. Es handelte sich allerdings nur um zwei Tiere.
Leider sind diese Fische unter gezielt eingeführten Salmlern wie Carnegiella- und Gasteropelecus-Arten oder auch Nannostomus unifasciatus und N. trifasciatus inzwischen fast gar nicht mehr zu finden. Sie werden wahrscheinlich aussortiert, um artreine Sendungen auf den Weg bringen zu können. Bis vor kurzem dürfte also ein bewusster Import von H. coeruleus in größerer Stückzahl sicher nicht erfolgt sein (siehe unten).
Die beiden Tiere waren halbwüchsig, und an eine Nachzucht war noch nicht zu denken. Aber wir hatten natürlich Geduld und achteten sorgfältig auf die Fische. Erfreulicherweise handelte es sich tatsächlich um ein Pärchen.
Die Salmler wuchsen heran, und eines Tages bemerkten wir, dass sich das Männchen um sein Weibchen bemühte. Es präsentierte sich mit kräftig roter Körperfärbung und schwarzen Flossen.
Also setzten wir das Paar in unser Gesellschaftszuchtbecken (GZB; Hoffmann & Hoffmann 2008) und hofften – zum x-ten Mal – auf einen Nachzuchterfolg. Wie viele solcher Ansätze wir mit dieser Art bereits begonnen hatten und erfolglos wieder abbrechen mussten, wissen wir nicht mehr, wir haben sie nicht gezählt.
Immer wenn wir andere, neue Salmlerarten erfolgreich vermehrt hatten und das GZB leer stand, kam das Coeruleus-Pärchen zum Einsatz. Mittlerweile hatten beide Tiere eine Totallänge von 60 Millimetern erreicht, und das Weibchen zeigte sichtbar Laichansatz.
Die Wasserverhältnisse hatten wir durch Zugabe reinen Regenwassers auf folgende Werte eingestellt: 85 µS/cm; pH etwa 6,5; 24 °C.
Schlammschnecken
Die Schlammschnecken (Lymnaeidae) zählen zu den Lungenschnecken (Pulmonata). Bezüglich der Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Familie gibt es noch keinen Konsens, je nach Bearbeiter werden mehrere Genera oder aber nur eine einzige
Gattung aufgelistet. | Von Uwe Dost
Lymnaeiden sind weltweit verbreitet und reine Süßwasserbewohner. Ihre Gehäuse sind rechtsgedreht und meist mehr oder weniger kegelförmig. Die Größe der Öffnung im Verhältnis zur Schalenhöhe und die Ausbildung und Zahl der Windungen werden zur Arterkennung herangezogen. Da jedoch ihr Lebensraum – etwa die Gewässergröße und -tiefe, die Wassertemperatur, -bewegung und -chemie – sowohl die Form als auch die Farbe der Schale beeinflusst und die Unterscheidung der Arten früher lediglich anhand ihres Äußeren erfolgte, wurden etliche Standort-Varianten als eigene Spezies beschrieben. Erst die anatomische Untersuchung der Weichteile – beispielsweise gibt es äußerlich sehr ähnliche Arten, die nur anhand der mikroskopischen Betrachtung des Geschlechtssystems unterscheidbar sind – brachte hier Klarheit, weshalb viele Taxa letzten Endes wieder eingezogen wurden.
Keine Haustür
Anders als etwa bei der Sumpfdeckelschnecke (Viviparus viviparus) können Spitzschlammschnecken ihren Körper nicht vollständig in ihr Gehäuse zurückziehen, und mangels eines Deckels dient allein der Fuß als Verschluss. Charakteristisch für alle Lymnaeiden sind die flachen, kompakten, dreieckigen Fühler sowie ein vorn breiter, hinten rund auslaufender, ovaler Fuß. Die Häuser sind relativ dünnschalig und brechen leicht, wenn man sie in die Hand nimmt.
Schlammschnecken, die in seichten, ruhigen Gewässern leben, kommen zum „Atmen“, dem Austausch des Luftvorrats in ihrer Mantelhöhle, an die Wasseroberfläche. Ein verzweigtes Gefäßnetz in der Mantelhöhle, die „Lunge“, dient dem Gasaustausch. In der Körperflüssigkeit (Hämolymphe) erfolgt der Sauerstofftransport mittels Hämocyanin (das
ist ein kupferhaltiges Molekül), im Gegensatz zum eisenhaltigen Hämoglobin beim Menschen.
Je sauerstoffärmer ein flaches Gewässer, desto häufiger kommen die Schnecken an die Oberfläche. Der Luftaustausch erfolgt über ein verschließbares Atemloch seitlich am Körper. Das ermöglicht es den Schnecken, auch sauerstoffarme Habitate zu besiedeln, in denen kiemenatmende Wasserschnecken nicht mehr gedeihen. In tieferen Gewässern oder im Winter unter geschlossener Eisdecke erfolgt der Sauerstoffaustausch über die Haut anstatt über die Mantelhöhle, etwa über die gut durchbluteten Fühler.
Ernährung
Schlammschnecken weiden die Algenbeläge von Wasserpflanzen, Steinen und versunkenen Hölzern ab. Auch Biofilme an der Wasseroberfläche, die sogenannte Kahmhaut, wird gefressen. Zudem verschmähen Lymnaeiden weder abgestorbenes pflanzliches Material noch Aas, weshalb Aquarianer und Teichbesitzer sie als Gesundheitspolizei durchaus schätzen. Auch zur Bekämpfung von Moostierchen, Hydren und anderen Wasserschnecken – sie fressen deren Gelege, teils aber auch ihre eigenen – werden sie in Teichen und Aquarien geduldet. Exemplare, die in tiefem Wasser leben, ernähren sich vor allem von Detritus.
Große Turmdeckelschnecken im Aquarium
Beim Thema „Schnecken“ scheiden sich seit jeher die Aquarianer-Geister. Die einen sehen sie als Ärgernis, das man sich mit Pflanzen einschleppt, das schnell zur Plage wird und bekämpft werden muss. Die anderen finden diese Tiere faszinierend und wissen sie als Algenfresser und Restevertilger zu schätzen. Seitdem attraktive und skurrile Arten eingeführt werden, von denen sich viele sogar vermehren lassen, haben sich die Relationen zwischen Schneckenhassern und -liebhabern deutlich verschoben … | Von Ingo Seidel
Ganz besonders beliebt sind die meist recht groß werdenden Turmdeckelschnecken (Pachychilidae), die in Amerika, Afrika und Asien vorkommen. Diese Familie besteht zurzeit aus elf Gattungen mit über 240 Arten. Davon sind jedoch nur die Genera Brotia, Faunus und Tylomelania für uns von Bedeutung; von ihnen werden etliche Spezies aus Südostasien importiert. Sie eignen sich sehr gut auch für bepflanzte Aquarien, da sie das Grün nicht antasten.
Brotia
Die artenreiche Gattung Brotia Adams, 1866 ist in Südostasien weit verbreitet (von Indien über Thailand bis Indonesien). Es handelt sich vor allem um Fließwasserbewohner, die auch im Aquarium eine leichte Strömung und sauerstoffreiches Wasser bevorzugen. Sie weiden den Aufwuchs auf den Einrichtungsgegenständen ab, ernähren sich aber auch von verrottenden Pflanzenteilen und filtrieren Mulm. Trockenfutter verschmähen sie ebenfalls nicht, ideal sind Flocken auf pflanzlicher Basis.
Die Pflege der meisten Brotia-Arten sollte bei 18 bis 26 °C problemlos gelingen. Nach meinen Erfahrungen kommen die Tiere auch mit härterem Wasser gut zurecht. Bei mir vermehrten sich zwei Arten selbst im harten Leitungswasser des Berliner Umlandes (rund 850 µS/cm).
Die Schnecken dieser Gattung sind getrenntgeschlechtlich und lebendgebärend. Die Männchen übergeben Spermienpakete an die Weibchen, die ihre Eier in eine Bruttasche legen, in der sie sich entwickeln. Die geschlüpften Jungtiere werden dann ins Wasser entlassen. Die Vermehrungsrate ist meist eher gering, doch dafür sind die Jungschnecken bereits zwei bis vier Millimeter lang.
Nach meinen Beobachtungen ist – neben guten Wasserbedingungen – auch die Konkurrenzsituation für die Fortpflanzung dieser Schnecken entscheidend: Stehen sie in einem Aquarium mit sich schnell vermehrenden und erfolgreichen Arten (etwa Melanoides tuberculata oder Thiara winteri) im Wettbewerb, wird man sich an ihrer Nachzucht häufig die Zähne ausbeißen.
Zwei Turmdeckel-Schnecken (1)
Seit ewigen Zeiten kennen Aquarianer die Malaiische Turmdeckelschnecke, während die viel hübschere Turmdeckel-Raubschnecke erst seit etwa 15 Jahren verfügbar ist. | Von Uwe Werner
Tropische Süßwasserschnecken sind bei Aquarianern beliebt, weil sie Algen und Futterreste fressen und interessante, manchmal auch hübsche Pfleglinge sein können. Ja, es gibt spezialisierte Liebhaber, die sich ganz und gar der Pflege und Nachzucht von Gastropoden verschrieben haben. Allerdings können Schnecken, wenn sie sich massenhaft vermehren, auch zur Plage werden, und dann ist guter Rat gefragt.
Turmdeckelschnecke
Das betrifft vor allem die Turmdeckelschnecke (Melanoides tuberculata Müller, 1774), deren Synonymliste so lang ist, dass sie den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Als deutschen Populärnamen fand ich im Internet unter anderem „Nadel-Kronenschnecke“, eine Bezeichnung, die ich vorher noch nie gehört hatte.
Die Art ist von Ostafrika bis Südostasien verbreitet, soll mittlerweile aber auch nach Südeuropa eingeschleppt worden sein. In Süßwasser-Habitaten am Golf von Mexiko verdrängt sie einheimische Arten. Ihre Bestände dort gehen wahrscheinlich auf Aquarien-Exemplare zurück, die Anfang der 1950er-Jahre in die Gewässer gelangten.
Die Turmdeckelschnecke besitzt ein gestrecktes, bis etwa 2,5 Zentimeter langes, turmartig zu einer Spitze gedrehtes und sehr stabiles Gehäuse mit meist acht bis 15 Windungen; es lässt sich mit den Fingern kaum zerdrücken. Wenn sich diese Schnecken, wie auch Clea helena, ganz in ihr Gehäuse zurückziehen, können sie es mit einem Deckel verschließen, dem Operculum.
Bei vielen meiner älteren Schnecken haben die Häuser weiße Riefen, vor allem an ihrer Spitze. Im Internet fand ich als Erklärung, dass die Schale aus einer inneren Kalk- und einer äußeren Proteinschicht besteht, die die Kalziumschicht schützt. Wird sie beschädigt, ist die Kalkschicht den Angriffen des Wassers ausgesetzt, was zu einem Problem werden kann, wenn es sauer ist, also einen pH-Wert unter dem Neutralpunkt aufweist, da Säuren Kalzium bekanntlich auflösen. So entstehen hässliche Löcher oder zumindest weißliche Stellen, an denen der Kalk frei liegt; sie verschwinden auch nicht mehr, weil die äußere Gehäuseschicht nicht regeneriert wird. Deshalb weisen die ältesten Schalenstellen am häufigsten solche Schäden auf. Eine vorbeugende Kontrolle des pH-Werts ist hier sinnvoller als Jammern. Was mich jedoch irritiert, ist die Tatsache, dass mein Wasser we-der niedrige pH-Werte aufweist noch weich ist.