Terraristik
SCHRECKlich schön – Tarnen, Täuschen und Verteidigen
Phasmiden entwickelten im Kampf ums Überleben im Lauf der Evolution die unterschiedlichsten Strategien. Viele sind völlig wehrlos, jedoch perfekt getarnt und nur schwer von Baumrinde, einem Ast oder einem Blatt zu unterscheiden. Manche Arten jedoch sind zusätzlich äußerst wehrhaft, aufgrund kräftiger und spitzer Dornen. Oder sie sind auffällig bunt gefärbt und verspritzen bei Bedrohung „chemische Kampfstoffe“ zur effektiven Abwehr möglicher Fressfeinde. Wieder andere nehmen eine fremde Identität an, um Feinde zu täuschen. | von Helmut Göthel
Die Vorzeige-Art unter den Phasmiden, die sich gleich mehrerer Verteidigungsstrategien bedient und diese im Lauf ihres Lebens sogar wechselt, ist sicherlich die bis 14 cm große Australische Riesengespenstschrecke (Extatosoma tiaratum), die vor mehr als 50 Jahren für die Terrarienhaltung entdeckt wurde und sich seitdem als beliebte Einsteigerart etabliert hat. Ihr Verbreitungsgebiet reicht in Ostaustralien von New South Wales bis Queensland. Dort bewohnt sie vor allem die Strauch- und Baumvegetation der Eukalyptuswälder. In ihrem Lebensraum ernährt sie sich fast ausschließlich von Eukalyptus, als vollwertige Ersatznahrung werden aber die Blätter von Brombeere, Eiche, Haselnuss und zahlreichen weiteren Pflanzen akzeptiert.
SCHRECKlich schön – Haltung und Nachzucht von Phasmiden
Phasmiden sind seit Jahrzehnten sehr beliebte Terrarientiere, da viele Arten leicht zu pflegen und zu vermehren sind, weshalb Nachzuchten in großer Stückzahl angeboten werden. Als reine Pflanzenfresser beißen sie ihre Pfleger nicht und können – unter Aufsicht – selbst von verantwortungsbewussten älteren Kindern betreut werden. Auch die Haltung der wehrhafteren oder anspruchsvolleren Arten ist nicht nur Spezialisten vorbehalten. | von Helmut Göthel
Mein erster zaghafter Vorstoß in die Terraristik erfolgte, wie sicher bei vielen anderen Terrarianern auch, mit dem Erwerb von Phasmiden, und zwar eines Pärchens Annam-Stabschrecken (Medauroidea extradentata, früher Baculum extradentatum) auf einer Aquaristikbörse. Die Unterbringung zu Hause erfolgte in einer großen Faunabox, deren „Einrichtung“ aus einem Küchenrollentuch, einem wassergefüllten Feinkostsalat-Becher mit eingeschnittenem Deckel und einem kleinen Brombeerzweig darin bestand.
Eine SCHRECKliche Verwandtschaft
In der mit Abstand artenreichsten Klasse der gesamten Tierwelt, den Insekten, gibt es gleich mehrere Gruppen auf den ersten Blick ähnlicher Arten, deren Vielfalt sich in der Namensgebung widerspiegelt: Heuschrecken, Langfühlerschrecken, Kurzfühlerschrecken, Schwertschrecken, Fangschrecken, Stabschrecken, Dornschrecken, Gespenstschrecken und andere. Doch erst genaueres Hinschauen kann Klarheit in das Namens-Wirrwarr bringen und zeigen: Schrecke ist nicht gleich Schrecke! | von Helmut Göthel
Wenn man Freunden oder Bekannten erzählt, dass man „Schrecken“ pflegt oder züchtet, dann bekommt man nicht selten ein verständiges Nicken und den verbessernd klingenden Kommentar „ach ja, Heuschrecken“ als Reaktion, ganz so, als ob man selber nicht genau wisse, wie die eigenen Pfleglinge denn richtig heißen.
Citizen Conservation – Haltung rettet Arten
Die Biodiversitätskrise spitzt sich dramatisch zu. Der von den Vereinten Nationen eingesetzte Weltbiodiversitätsrat IPBES hat im „Global Assessment Report“ von 2019, der bislang umfassendsten internationalen Untersuchung zum Artenschutz, geschätzt, dass eine Million Arten in den nächsten Jahrzehnten direkt vom Aussterben bedroht sind. | von Heiko Werning
So wünschenswert es wäre, sie alle in freier Natur, also in situ, zu erhalten, so sehr muss man angesichts der bereits weit fortgeschrittenen Gefährdungslage feststellen, dass dieser hehre Anspruch in vielen Fällen nicht zu erfüllen sein wird. Schließlich ist die Situation vieler Arten aufgrund von Lebensraumverlust oder stark reduzierter Individuenzahl schon jetzt so prekär, dass ein Überleben in der Natur unwahrscheinlich ist.
Ein „schöner Kopf“ für ein halbfeuchtes Terrarium: Paroedura lohatsara
Wer schön gefärbte, unkomplizierte Geckos für ein mittelgroßes Terrarium sucht, wird bei den Großkopfgeckos fündig, muss sich aber auf eine nächtliche Beobachtung einstellen – und einen hohen Bedarf seiner Pfleglinge an Mineralstoffen. | von Sebastian Wolf
Wie viele Geckoarten haben es mit namentlicher Erwähnung und sogar Abbildung in ein großes Wochenmagazin geschafft? Ich weiß es nicht, viele werden es aber nicht sein. Ausgerechnet die hier vorgestellte, sowohl in der Natur als auch im Terrarium seltene Art ist bei ‚Spiegel Online’ einmal aufgetaucht („Madagaskars bunte Reptilienwelt“ vom 11.08. 2014), um auf besonders bedrohte Vertreter der Insel aufmerksam zu machen.