Allgemeines
... wieder da – noch ein Besuch im Aquazoo Löbbecke Museum
In DATZ 10/2017 erschien ein kleiner Beitrag über das fast vier Jahre lang wegen Renovierung geschlossene und im vergangenen Herbst neu eröffnete Haus – mit dem Versprechen auf einen tieferen Einblick in die Meerwasser-Abteilung. Hier ist er. | Von Rainer Stawikowski
Im Aufenthaltsraum erzählen mir die dreiköpfige „Mannschaft“ der Meerwasserabteilung (die allerdings aus zwei Frauen und nur einem Mann besteht; in der Süßwasserabteilung arbeiten drei weitere Damen), und die Wasserrevier-Kuratorin Marion Wille (siehe DATZ 10/2017) über sich, ihre Aquarien und ihre Arbeit.
Eine Reihe betrüblicher Verwechslungen
Mehr noch als weiße und rote gelten schwarze Mückenlarven als „Allzweckwaffe“ vieler Fischzüchter. Sie sind oft das letzte Mittel, um heikle Fische zum Fressen anzuregen oder eine selten gepflegte Art nachzuziehen. | Von Roland Schreiber
Stechmücken (Culicidae) sind die wohl meistgehassten und lästigsten Kerbtiere dieser Welt, denn sie haben sich nicht nur als Plagegeister, sondern auch als Überträger einer ganzen Reihe gefährlicher Krankheitserreger (Arboviren, Fadenwürmer, Protozoen) auf Mensch und Tier einen schlechten Ruf erworben. Beispielsweise verbreiten sie Malaria, Dengue-, West-Nil- und Gelbfieber, Filariasis oder Enzephalitis und verursachen indirekt weltweit mehr Erkrankungen und Todesfälle unter den Menschen als alle anderen Organismen (Harbach 2013).
Innerhalb des Stamms der Insekten (Insecta) zählt die Familie Culicidae Meigen, 1818 zur Ordnung der Zweiflügler (Diptera). Sie ist weltweit in allen tropischen und gemäßigten Regionen vertreten und umfasst zurzeit 3.557 Arten, die mit 113 Gattungen auf zwei Unterfamilien (Anophelinae und Culicinae) verteilt sind.
Zurzeit sind 488 Anophelinen-Arten anerkannt. Ihre Larven lassen sich auf den ersten Blick anhand ihrer grün irisierenden Färbung, ihrer mit Schwimmkörpern ausgestatteten Eier sowie ihrer waagerechten Haltung direkt unter der Wasseroberfläche von den Culicinen unterscheiden. Außerdem besitzen sie kein Atemrohr, sondern nehmen den benötigten Luftsauerstoff über zwei am Hinterrand des vorletzten Segments befindliche Atemöffnungen auf. Adulte Imagines sind an der um 30 bis 45 Grad nach vorn geneigten Sitzhaltung einfach zu erkennen.
Die Unterfamilie Culicinae umfasst aktuell 3.069 Arten, verteilt auf 110 Gattungen. Erwachsene Tiere sind an ihrer Körperhaltung parallel zur Sitzfläche und am Atemrohr der Larven erkennbar, das dazu dient, atmosphärischen Sauerstoff aufzunehmen.
Die bekanntesten Gattungen der
52 einheimischen Stechmückenarten (Becker 2016) sind Culex, Aedes und Anopheles, wobei für Deutschland zurzeit sechs Culex-Arten (C. [Barraudius] modestus, C. pipiens, C. torrentium, C. [Maillotia] hortensis, C. [Neoculex] martinii und C. [N.] territans) nachgewiesen sind.
Die am häufigsten anzutreffende Spezies ist sicher die Gemeine Stechmücke (C. pipiens). Genau genommen handelt es sich dabei nicht um eine einzelne Art, sondern um einen sehr umfassenden Komplex von Spezies, deren taxonomischer Status (Art, Unterart, Form oder Biotyp) nach wie vor umstritten ist.
Von den als „Malaria“- oder „Fiebermücken“ bezeichneten Anopheles-Arten sind in Deutschland mittlerweile ebenfalls sechs anzutreffen (A. algeriensis, A. atroparvus, A. claviger, A. maculipennis, A. messeae, A. plumbeus; Snow & Ramsdale 2017). Sie sind in den Tropen als Überträger einer Vielzahl gefährlicher Krankheiten (etwa Malaria) gefürchtet.
Nicht immer rot – rote Mückenlarven
Sie sind fast überall präsent, auch wenn sie sich kaum blicken lassen. In der Natur gehören sie zu den wichtigsten Nährtieren für Fische: rote Mückenlarven. Allein in Mitteleuropa sind annähernd 1.000 Arten bekannt. | Von Roland Schreiber
Insekten – Imagines wie Larven – stellen die Hauptnahrung vieler Fische dar (Broyer & Curtet 2011; Komatsu et al. 2000; Medeiros & Arthington 2008).
Einige Arten haben sich im Lauf der Evolution sogar auf diese Nahrung spezialisiert, beispielsweise Schmetterlingsfische oder Beilbauchsalmler. Diese oberflächenorientiert lebenden Fische erbeuten die mitunter massenhaft auf das Wasser fallenden Kerbtiere.
Auch die Nahrung bodenlebender (benthischer) Fischarten besteht zu großen Teilen (40 bis 70 Prozent) aus Mückenlarven und -puppen (Ali 1995; Lobón-Cerviá & Bennemann 2000).
Den Zuckmücken (Chironomidae) kommt dabei eine besondere Rolle zu, handelt es sich wahrscheinlich doch um die artenreichste Insektenfamilie, die in Binnengewässern vertreten ist. Allein aus Mitteleuropa sind etwa 1.000 Spezies bekannt, die alle möglichen Gewässertypen – verschmutzte wie saubere – besiedeln (Streble & Krauter 2011; Thompson et al. 1986).
Rote Mückenlarven erreichen sehr hohe Populationsdichten von 1.000 bis 3.000 Individuen pro Quadratmeter, und in manchen Teichen repräsentieren sie bis zu 75 Prozent der im Schlamm lebenden Bodenfauna (Bellmann 1988; Engelhardt 1986; Gutjahr 1997; Thompson et al. 1986). Einige Autoren nennen für Chironomus-Arten sogar weit höhere Dichten von 75.000 (Groenendijk et al. 1998) oder über 100.000 Exemplaren pro Quadratmeter (Armitage et al. 1995).
Die Bezeichnung „Zuckmücken“ geht auf das nach vorn abgestellte erste Beinpaar dieser Dipteren zurück, das beim Ertasten der Umgebung wie ein zusätzliches Fühlerpaar zuckende Bewegungen ausführt (gr. kheironómos = „Pantomime“).
Aquarianer kennen die Larven dieser Mückenfamilie meist nur als „rote Mückenlarven“, ein Hinweis auf deren vom Blutfarbstoff Hämoglobin in ihrer Körperflüssigkeit hervorgerufene Färbung. Die wichtigste Aufgabe dieses Proteins besteht im Transport von Sauerstoff, es ermöglicht den Tieren somit ein Leben in O2-armer Umgebung.
Diese markante Farbgebung zeigen aber nur einige Arten der Unterfamilien Chironominae und Tanypodinae oder Spezies der Gattungen Propsilocerus und Tokunagayusurika (Armitage et al. 1995). Hierher gehören auch die Larven und Puppen von Chironomus plumosus, der als Futter für Aquarienfische bekanntesten und bedeutendsten Chironomiden-Art (Bremer 1997; Mielitsch 2007).
Neben den hell- bis dunkelrot gefärbten Formen finden wir auch solche mit überwiegend weißer, gelblicher, grüner oder braungrauer Tönung (Engelhardt 1986), die sich vorzugsweise in sauerstoffreicher Umgebung, etwa zwischen Wasserpflanzen oder nahe der Wasseroberfläche, aufhalten (Thompson et al. 1986).
Jäger im gläsernen Kleid – weiße Mückenlarven
Weiße Mückenlarven sind das ganze Jahr über als Lebendfutter verfügbar. Ob sie sich kultivieren lassen und wie es um ihren Nährwert bestellt ist – auch darum geht es auf den folgenden Seiten. | Von Roland Schreiber
Von Wilhelm Busch stammt dieser Reim, den sicher viele von uns kennen:
Fortuna lächelt; doch sie mag
nur ungern voll beglücken;
schenkt sie uns einen Sommertag,
so schenkt sie uns auch Mücken.
Aquarianer sind an den kleinen Plagegeistern, die uns im Sommer mehr oder weniger heftig zur Last fallen, eher nicht interessiert. Anders verhält es sich mit ihren aquatischen Larven, einem wichtigen Glied im Nahrungsnetz vieler Gewässer. Von manchen Fischarten heißt es sogar, dass sie „nachgewiesenermaßen erst nach Fütterung mit Mückenlarven Laich ansetzen“ (Baensch et al. 1992).
Die Unterordnungen der Mücken (Nematocera) und der Fliegen (Brachycera) zählen zur Ordnung der Zweiflügler (Diptera), die weltweit über 144.000 Arten umfasst (Menzel 2017).
Aquarianer verwenden als Fischfutter vor allem die Entwicklungsstadien aus den Familien der Büschelmücken (Chaoboridae), der Zuckmücken (Chironomidae) und der Stechmücken (Culicidae), die uns als weiße, rote und schwarze Mückenlarven bekannt sind. Sie besitzen nicht nur einen hohen Nährwert, sondern sind auch fast das ganze Jahr über verfügbar und lassen sich teils sogar einfach kultivieren. Ich habe mich intensiv mit diesen Lebendfuttersorten befasst und gehe hier auf viele bisher weniger bekannte Details zur Formenvielfalt, zur Kultivierung dieser Tiere und zu ihren Nährwerten sowie auf weitere Besonderheiten ein.
Der erste Teil beschäftigt sich mit der Familie der Büschelmücken (Chaoboridae), deren Larven aufgrund ihrer hellen, oft transparenten Gestalt als „Glasstäbchen“ oder „weiße Mückenlarven“ bezeichnet werden.
Eiskalte Räuber
Büschelmücken sind, außer in der Antarktis, weltweit anzutreffen. Anders als die Stechmücken (Familie Culicidae) fallen sie dem Menschen nicht übermäßig zur Last, da ihre Imagines kein Blut saugen.
Deutliche Erkennungszeichen der aquatischen Larven sind ihre nahezu durchsichtige Erscheinung, ihre waagerechte Schwimmhaltung sowie die beiden Paare dunkel pigmentierter Tracheenblasen im Thorax und im siebten Hinterleibssegment. Diese mit verschiedenen Gasen (Sauerstoff, Methan, Stickstoff) gefüllten hydrostatischen Apparate befähigen die Larven, ihren Körper in einer horizontalen Lage zu halten, und sorgen für einen Druckausgleich in unterschiedlichen Wassertiefen (Burrows & Dorosenko 2014; Damant 1924; Krogh 1911; Teraguchi 1975). Der Gasaustausch, also die Sauerstoffaufnahme, erfolgt unabhängig davon ausschließlich über die Hautoberfläche.
Was sind eigentlich Garnelen?
Die am häufigsten in Aquarien gehaltenen Krebse sind Garnelen, doch selbst viele Aquarianer können nicht sicher sagen, woran man sie eigentlich erkennt und wie viele Arten es tatsächlich gibt. | von Uwe Werner
Fast jeder von uns glaubt zu wissen, was Garnelen sind, zumal sie ja auch als Delikatesse geschätzt werden. Auf deutschen Speisekarten findet man häufig ausländische Bezeichnungen. Kleinere Garnelen heißen dann oft (englisch) „Shrimps“ oder (falsch geschrieben) „Schrimps“, manchmal auch (französisch) „Crevetten“ oder „Krevetten“, größere „Prawns“. Auch hinter den regionalen (norddeutschen) Bezeichnungen „Granat“, „Porre“, „Knat“ und „Graue Krabben“ verbergen sich Garnelen.
Innerhalb der Ordnung der Zehnfußkrebse (Decapoda) gehören die Garnelen anders als die Krabben und die Flusskrebse, die man in der Unterordnung der Laufenden oder Kriechenden Krebse (Reptantia) führt, zu den Schwimmenden Krebsen (Natantia). Man erkennt sie vor allem an ihrem seitlich zusammengedrückten Körper, der höher als breit ist, wie auch daran, dass sie einen nur sehr dünnen Panzer besitzen. Damit sind diese Formen leichter als die mit dickeren Rüstungen ausgestatteten Flusskrebse (wie übrigens auch die Aegla-Arten, die aber in die Abteilung der Anomura gehören) und können schon deshalb besser schwimmen. Außerdem sind ihre Schwimmfüße, die Pleopoden, im Verhältnis zum Körper größer. Mit ihrer Hilfe sind sie in der Lage, sogar vorwärts zu schwimmen, was Krabben und Flusskrebsen nicht möglich ist.
Auch an ihren beiden Scherenbeinpaaren kann man die Garnelen erkennen: Krabben besitzen nur ein Scherenpaar, Flusskrebse dagegen drei Paare.
Bei den Großarmgarnelen (Familie Palaemonidae) sind beide Scherenpaare in unterschiedlichem Maß und für verschiedene Aufgaben vergrößert: Die ersten, kleineren sind Fress-, die zweiten, größeren Droh- oder Kampfscheren.
Bei den Fächer- oder Radargarnelen (Familie Atyidae) sind die Scherenarme zu Fächerhänden umgeformt, die die Tiere zum Fangen von Plankton benutzen (siehe unten).