Meerwasser
Blumentiere sind selten allein
Blumentiere sind eine faszinierende Gruppe der Nesseltiere. Sie bestechen nicht nur durch große Artenzahl und üppigen Formenreichtum, sondern vor allem auch durch die Vielfalt spannender Lebensgemeinschaften, die sie mit unterschiedlichsten anderen Tieren eingehen. | von Helmut Göthel
Bereits in der Antike ordnete man die oftmals bunt gefärbten Vertreter der Blumentiere den (Stein-)Pflanzen zu. Die unzähligen kleinen Polypen koloniebildender Arten hielt man für winzige Einzelblüten, die Kolonien für große Blütenstände und große solitäre Seeanemonen mit ihren zahlreichen Tentakeln für zum Teil farbenprächtige Einzelblüten mit Blütenblättern.
Dekorativ und pflegeleicht: Scheibenanemonen im Riffaquarium
Die Zahl der in heutigen Riffaquarien anzutreffenden Blumentierarten ist riesig, dagegen der Umfang der Corallimorpharia recht bescheiden. Jedoch treten viele Scheibenanemonen in verschiedenen, teils sehr attraktiven Farbvarianten auf. Die meisten Arten sind leicht zu halten und gut zu vergesellschaften. | von Rolf Hebbinghaus
In der Taxonomie der Corallimorpharia herrscht noch immer ein so großes Wirrwarr wie bei kaum einer anderen Blumentiergruppe. Viele Arten wurden unzureichend beschrieben, etliche Taxa synonymisiert. Laut WoRMS (World Register of Marine Species) umfasst die Ordnung derzeit 45 Arten, die sich auf elf Gattungen und vier Familien verteilen. Die zwei Sideractinidae-Arten sind Tiefseeformen, aquaristisch relevant sind daher nur die Vertreter der Corallimorphidae, der Discosomidae und der Ricordeidae.
Die Lesseps‘schen Plagen aus dem Roten Meer – gekommen, um zu bleiben!
Seit der Entdeckung Amerikas 1492 wurden zunehmend Tier- und Pflanzenarten beabsichtigt und unbeabsichtigt durch die direkte oder indirekte Mitwirkung des Menschen in für sie vorher nicht erreichbare geografische Regionen gebracht. Einzelne der „neuen“ Spezies konnten sich aufgrund optimaler Lebensbedingungen sowie fehlender Konkurrenz und Fressfeinde explosionsartig vermehren, weiter ausbreiten und zu sogenannten „invasiven Arten“ entwickeln. Genau das findet aktuell im Mittelmeer mit Kaninchenfischen, Kugelfischen, Flötenfischen und Feuerfischen statt. | von Helmut Göthel
Obwohl es nur 0,82 % der Oberfläche und 0,3 % des Volumens aller Ozeane weltweit einnimmt, handelt es sich bei dem Mittelmeer um einen Biodiversitäts-Hotspot, in dem man mit geschätzten 17.000 Arten zwischen 4 und 18 % aller beschriebenen marinen Organismen findet (Coll et al. 2010). Gleichzeitig ist es aber auch das weltweit am stärksten von einwandernden Spezies betroffene Meer. Seine Vielfalt wird aktuell im östlichen Mittelmeer aufgrund der Einwanderung von schätzungsweise mehr als 800 Arten aus dem Roten Meer (durch den Suez-Kanal) auf den ersten Blick zwar erhöht, doch durch die invasive Ausbreitung mancher davon wird seine ursprüngliche Biodiversität massiv bedroht und das Ökosystem „Mittelmeer“ nachhaltig und unwiederbringlich verändert.
Die Gelbring- und die Münzen-Kaurischnecke
Unter den Meeresschnecken finden sich relativ wenige, die sich nur von Algen ernähren. Viele der angeblich herbivoren Arten entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als mehr oder weniger omnivor. Hier werden zwei Porzellanschnecken vorgestellt, die im Riffaquarium selbst zarte Korallenpolypen und filigranen tierischen Aufwuchs unbehelligt lassen. | von Rolf Hebbinghaus
Nur solche tropische Meerwasseraquarien werden meiner Ansicht nach zu Recht als Korallenriff- oder kurz Riffaquarien bezeichnet, welche die enorme Organismenvielfalt der Korallenriff-Biozönose zumindest ansatzweise erkennen lassen. Aquarien, die zugunsten der Korallen alle anderen Wirbellosengruppen weitestgehend ausschließen, sind meines Erachtens keine Riffaquarien, sondern Korallenaquarien.
Einwanderer aus dem Roten Meer – Bereicherung der Mittelmeer-Fauna oder ökologische Katastrophe?
In den letzten Jahren breiteten sich viele Einwanderer aus dem Roten Meer im Mittelmeer rasant aus, unter anderem Feuerfische, Kaninchenfische, Flötenfische und Kugelfische. Gerade bei den genannten Spezies handelt es sich definitiv nicht um eine Bereicherung der Mittelmeer-Fauna, sondern um invasive Arten, die sich aufgrund fehlender Fressfeinde völlig unkontrolliert vermehren. Mit ihrem Erscheinen haben sie die ursprüngliche Fauna und Flora des Mittelmeeres massiv verändert und geschädigt und so eine ökologische Katastrophe ausgelöst! | von Helmut Göthel
Seit der Eröffnung des Suez-Kanals im Jahr 1869 hat eine Einwanderungswelle aus dem Roten Meer ins Mittelmeer eingesetzt, wobei die Lesseps‘sche Migration1 bis vor wenigen Jahren auf ihrem Weg durch den Kanal durch den Großen Bittersee behindert wurde. Neben seinem mit ursprünglich 161 ‰ deutlich höheren Salzgehalt stellte auch die geringe Tiefe des Kanals von nur acht Metern für die meisten Rotmeer-Arten eine unüberwindbare Hürde dar. Zusätzlich konnten sich nur Arten etablieren, die sich dem geringeren Salzgehalt und den niedrigeren Wassertemperaturen des Mittelmeeres anzupassen vermochten.