Buchbesprechungen
Der Fisch, der zu den Sternen schwimmen wollte
Eine Erzählung von Ahn Do-Hyun. Aus dem Koreanischen von Hyuk-Sook Kim und Manfred Selzer. 96 Seiten. Illustrationen von Dieter Braun, gebunden. Insel Verlag, Berlin. ISBN 9783458176756. 14 €
Was für ein kleines, bezauberndes Buch! „Die aufgehende Sonne am Horizont taucht das Meer in ein leuchtendes Orange.“ Verzaubernde Atmosphäre von der ersten Seite an. Entführt wird der Leser in die Welt unter Wasser, die Welt der Fische und weiteren Meeresbewohner, des Lebens und Überlebens unter der Wasseroberfläche, er taucht mit ein in die Welt der Lachse. Silberlachs ist ein ganz besonderes Exemplar im großen, riesigen Schwarm, der stromaufwärts zum Laichen zieht. „Warum darf ein Lachs nur im Wasser leben?“, fragt er sich, möchte frei sein, seinesgleichen und deren strenge Regeln und Verbote hinter sich lassen. Er schwimmt abseits des Schwarms, schaut aus dem Wasser, sieht Regenbogen und buntes Herbstlaub und atemberaubende Sterne bei Nacht – und bringt sich dabei in große Gefahr. „Es gibt Momente, in denen mir das Wasser wie ein Gefängnis vorkommt!“ Dann aber lernt er Klarauge kennen, ein Lachsweibchen, das den „Außenseiter“ schon eine Weile beobachtet und ihn im letzten Moment vor der tödlichen Bärentatze rettet. „Wenn man mit dem Herzen sieht, ist die ganze Welt wunderschön“, bringt sie ihm bei und nicht nur das. Ja, natürlich, schnell kommt da die Assoziation zu dem Buch „Der kleine Prinz“, wo bekanntlich auch die Rede davon ist, dass man nur mit dem Herzen gut sieht. Oder an die weltberühmte „Möwe Jonathan“ denkt man, die sich ebenfalls den Regeln ihrer eigenen Art nicht so recht unterordnen kann, eigene Freiheiten auslotet, gegen Gesetze verstößt. Um eine dieser wunderbaren Geschichten handelt es sich hier, einfühlsam illustriert von Dieter Braun, geschrieben mit viel Herz – und doppeltem Boden. Der Koreaner Ahn Do- Hyun hat für seine Lyrik Preise bekommen, dieses bemerkenswerte kleine Fabel- Büchlein ist in sieben Ländern erschienen und hat „Millionen verzaubert“. Voller Fantasie, Farben, Gleichnissen erzählt der Koreaner in Bildern, malt Situationen und Begegnungen mit Worten einfühlsam und zart, pastellfarben und vorsich- tig, unterstreicht damit, wie leicht verletzlich die Welt unter Wasser tatsächlich ist, nicht nur in einer Fabel. Es sind die Fragen des Lebens, die er in dieser Geschichte um Silberlachs und Klarauge liebevoll verpackt, auf eine Art, die Jung und Alt gleichermaßen bewegt und berührt: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Warum leben wir? Wo liegt der Sinn des Lebens? Ein bisschen Philosophie, ein bisschen Fantasie und ganz viel Staunen. „Im weiten Universum ist jeder nur ein kleiner Fisch – und doch ist jedes Leben einzigartig und wunderbar.“ Barbara Wegmann
Halbschnäbler. Die Gattung Nomorhamphus
Von Ulrike Korte. 64 Seiten, 65 Farbfotos. Natur und Tier - Verlag, Münster, 2016. ISBN 978-3-86659-257-5. 7,80 €
Was lange währt, wird endlich gut! Schon Anfang des Jahres entdeckte ich in der DATZ die Ankündigung des Halbschnäbler-Buchs von Ulrike Korte in der Reihe „Bücher für Ihr Hobby – Art für Art“, aber zunächst nur mit dem Vermerk „Erscheint in Kürze“. Ende August war es dann zu haben. Als Verfasser von Artikeln zu Fischen der Gattung Nomorhamphus ließ ich es mir nicht nehmen, diese Neuerscheinung über das Internet zu erwerben, wo zu lesen war: „Steht noch in keinem Regal.“ Es handelt sich um ein Ratgeberbuch für Amateure, das Mut machen soll, sich für diese selten gepflegten lebendgebärenden Fische Südostasiens zu interessieren. Die Familie der Halbschnabelhechte (Zenarchopteridae) wird in die drei Genera Hemirhamphodon, Dermogenys und Nomorhamphus unterteilt. Nomorhamphus- Arten leben bevorzugt in Fließgewässern Sulawesis. Entsprechend der bizarren Form dieser Insel verteilen sich die Arten geografisch auf eng begrenzte Habitate der vier lang ausgreifenden „Arme“, also der weit in das Meer reichenden Halbinseln, sowie auf die Zuflüsse der zentral gelegenen Seen Poso und Towoeti. Die Arten der Gattung Nomorhamphus besitzen einen verhältnismäßig kompakten, dennoch hechtartigen und spindelförmigen Körper mit einem – im Vergleich zu den anderen Vertretern der Familie – weni- ger lang ausgezogenen Unterkiefer, was sie für eine Aquarienhaltung eher empfiehlt, weil Verletzungen, etwa ein Abbrechen des Kiefers, nicht so schnell zu erwarten sind. Vor allem aufgrund der Färbung lassen sich die Halbschnäbler voneinander unterscheiden, was die Autorin mit zahlreichen Bildbeispielen anschaulich verdeutlicht.
50 Tiere, die unsere Welt veränderten
Von Eric Chaline. Übersetzung aus dem Englischen von Coralie Wink und Monika Niehaus. 224 Seiten. Zahlreiche Schwarzweiß- und Farbfotos sowie Grafiken. Haupt Verlag AG, Bern, 2014. ISBN 978-3-258-07855-7. 29,90 €
Das Buch macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck, und der Titel verspricht einiges. Die Ausstattung mit Fotos und Grafiken sorgt für eine optische Bereicherung, zumal die Illustrationen allesamt von sehr guter Qualität sind und vielfach für einen zusätzlichen Wissensgewinn sorgen. Die Texte sind in wenigen Minuten gelesen. Bei ihrer Lektüre wird deutlich, dass kein Biologe es war, der sie geschrieben hat. Das leite ich nicht etwa daraus ab, dass sie fehlerhaft wären; vielmehr betrachtet Chaline die beschriebenen Tierarten aus der Perspektive eines Soziologen mit dem unverkennbaren Schwerpunkt Geschichte. Angesichts der wissenschaftlichen Ausrichtung des Autors finde ich es um- so überraschender, dass ich bereits in der Einleitung auf Sätze stoße, die mich stutzen lassen. Mehr oder weniger führt Chaline die Sesshaft- Werdung des Menschen auf die Haustier-Werdung etwa des Wolfs zurück. Staunend lese ich dort: „Der Jäger wurde zum Hirten.“ Soweit ich das verschiedenen Quellen entnehmen kann, ist wohl vor allem das Getreide für die Sesshaftigkeit der einstigen Nomaden verantwortlich. Josef H. Reichholf (2008) stellt sogar das Bier an den Anfang der Sesshaft- Werdung des Menschen – eine schöne Vorstellung! Doch zurück zu Chalines Buch. Die Auswahl der Spezies ist durchweg nachvollziehbar. Die 49 genannten Tierarten – als 50. nennt der Verfasser Homo sapiens – wird in jedem Fall auf vier, manchmal auch auf sechs Seiten gut begründet.
Wasserwelten
Von Chris Lukhaup & Stefan Hummel. 200 Seiten, 200 Farbfotos, Softcover. Dennerle GmbH, Vinningen, 2016. ISBN 978-3-943968-21-7. 29,95 €
Was ist wohl ein „Plantahunter“? Ein Pflanzenjäger? So etwas gab es früher wirklich, aber eher zum Nachteil vor allem geschützter Gewächse, denn sie wurden von solchen „Jägern“ rücksichtslos ausgegraben und gewinnbringend verkauft (teils geschieht das noch heute). Aber nicht allein durch solche Diebe ist unsere Natur bedroht, insbesondere Wasserlebensräume sind vielfältig gefährdet. Chris Lukhaup und Stefan Hummel sind freilich anders gestrickt. Sie sind leidenschaftliche Naturliebhaber, Lukhaup ist mir vor allem als Garnelenexperte bekannt. Die beiden Autoren von „Wasserwelten“ gingen jahrelang auf „Plantahunter- Touren“, um Pflanzen und deren Habitate aufzusuchen und zu dokumentieren. Dabei herausgekommen ist ein Bildband, der einmalig ist. Über das Layout kann man sich streiten, als Berufsbüchermacher bin ich hier voreingenommen. Mir gefallen die vielen unregelmäßigen Einklinker in die Abbildungen nicht.
Das Buch vom Meer
Wie zwei Freunde im Schlauchboot ausziehen, um im Nordmeer einen Eishai zu fangen, und dafür ein ganzes Jahr brauchen
Von Morten A. Strøksnes. 368 Seiten, gebunden. Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2016. ISBN 978-3-421-04739-7. 19,99 €
Ob Morten A. Strøksnes, als er dieses Buch schrieb, ahnte, dass der Grönlandoder Eishai (Somniosus microcephalus) erst kürzlich Schlagzeilen machte? Ein „schwimmender Methusalem“ sei er, so hieß es, das älteste Wirbeltier werde bis zu 400 Jahre alt. Unglaublich! Diese Meldungen und Berichte geben dem Buch des im Norden Norwegens geborenen, preisgekrönten Autors zusätzlich Reiz und Attraktivität. Dieses „Urzeitwesen“ zu jagen, das nehmen sich die beiden Freunde Hugo und Morten vor. Was es so genau ist, das weiß man nicht. Ein Roman, ein Sachbuch, eine Abenteuergeschichte? Aber das ist eigentlich vollkommen egal, auf jeden Fall sind die über 360 Seiten dieser autobiografischen Geschichte höchst spannend, sehr, sehr informativ, sie lesen sich für Jung und Alt gleichermaßen unterhaltsam, wenngleich stellenweise auch etwas abschweifend, ganz selten ein wenig langatmig oder weit ausholend.