Süsswasser
Zur Variabilität „wilder“ Endlers Guppys
Auch bei selektierten Endler-Formen kann eine gewisse Variabilität auftreten – und das ganz spontan, wie der hier beschriebene Stamm demonstriert. | von Sebastian Wolf
Die Zweiteilung von Endlers Guppys (Poecilia wingei) in Wild- oder Naturformen auf der einen und Zuchtformen auf der anderen Seite sorgt seit jeher für einige Diskussion. Stämme, die aus Kreuzungen verschiedener Phänotypen von Endlers Guppy resultieren oder bei denen Guppys (Poecilia reticulata) involviert waren, gelten unbestritten als Zuchtformen. Daneben sind in Aquarien aber allerlei artreine Varianten präsent, die geläufig als Wildformen angesprochen werden. Deren Einheitlichkeit kann das Ergebnis von Selektion in Menschenhand sein, sie wurde forciert durch doppelte Auslese: zunächst durch das Herauspicken bestimmter (besonders schön gefärbter) Männchen nach dem Fang im Biotop und anschließend durch die Auswahl der Zuchttiere mit der favorisierten Färbung im Aquarium – oder die Wegnahme unerwünschter Phänotypen aus dem Zuchtbestand. Andererseits können auch in der Natur beobachtete Endler-Populationen relativ konsistent in ihren farblichen Merkmalen sein: Kempkes (schriftl. Mitteilung) berichtet etwa von Tieren aus dem Rio de Oro las Aguas de Moises, die im Phänotyp recht homogen waren und es noch immer sind.
Poecilia wingei steht auf der Roten Liste!
Das Erscheinen von Poecilia wingei auf der Roten Liste der IUCN ist keine wirkliche Überraschung und dennoch eine betrübliche Nachricht, die jeden Aquarianer aufschrecken lassen sollte. Bereits am 8. März 2021 wurde die Einschätzung „Endangered“ (stark gefährdet) vorgenommen, in diesem Jahr erfolgte die Veröffentlichung. | von Michael Kempkes
Dr. Fred Poeser und ich suchten im Juli 2002 die berühmte Laguna de los Patos auf, Typusfundort von Endlers Guppy: Der Zustand des Gewässers war seinerzeit erschreckend, die Ufer waren sehr vermüllt und das Wasser offensichtlich stark eutrophiert (Poeser & Kempkes 2006). Auch Dr. Wolfgang Staeck gelang es ein Jahr später nicht, der Laguna einige Poecilia wingei zu entnehmen (Staeck 2004). Die Schilderungen weiterer Reisender enthielten ebenfalls Hinweise zu negativen menschlichen Einflüssen auf die Habitate von P. wingei im Nordosten Venezuelas. Dementsprechend schätzte ich die Situation für Poecilia wingei pessimistisch ein (Kempkes 2010). Nun wurde die Art in die Rote Liste der IUCN aufgenommen.
Eine L-Nummer für den Rotpunkt-Antennenwels
Der auch als Ancistrus sp. „Río Paraguay“ geläufige Harnischwels erhält eine L-Wels-Nummer. | von Sebastian Wolf
Mit einer ungewöhnlich schönen, „bunten“ Körperfärbung brachte es die wissenschaftlich (wahrscheinlich) unbeschriebene Art Ancistrus sp. „Río Paraguay“ zu einiger aquaristischer Beliebtheit. Somit mag es verwundern, dass sie bislang noch ohne L-Nummer war. Weil fast alles durchnummeriert wurde, was man an (zum Zeitpunkt der Entdeckung) nicht identifizierbaren Harnischwelsen aus südamerikanischen Gewässern fischte, sei die Klassifizierung nun auch dieser Spezies gegönnt. Der Vollständigkeit halber, denn seit wenigen Jahren kennt man auch einen Fundort. Der Rotpunkt- bzw. Rotflecken-Antennenwels erhält die Nummer L 528.
Grundlage der nachfolgenden Beschreibungen sind zum einen selber gepflegte Individuen und ein konserviertes Exemplar, außerdem die Abbildungen und ausführlichen Beschreibungen von Heidemann auf l-welse.com.
Die Nanderbuntbarsche des Tanganjikasees: die Gattung Altolamprologus
Als im Jahr 1958 erstmals Cichliden aus dem ostafrikanischen Tanganjikasee als Aquarienfische importiert wurden, befanden sich darunter auch sogenannte Nanderbuntbarsche. Seitdem sind diese pflegeleichten und robusten Fische ständig im Angebot des Zoofachhandels, da sie wegen ihrer bizarren Körpergestalt zu den eindrucksvollsten Fischen des Sees gehören und deshalb gern gepflegt werden. | von Wolfgang Staeck
Die erste wissenschaftliche Beschreibung eines Nanderbuntbarsches ist bereits weit über einhundert Jahre alt. Beide Typusexemplare, die Boulenger als Grundlage für seine im Jahr 1898 veröffentlichte Erstbeschreibung von Lamprologus compressiceps dienten und in London im British Museum (Natural History) aufbewahrt werden, hatte Moore während einer Expedition in den Jahren 1895/96 am südlichen Ende des Tanganjikasees bei Kinyamkolo gefangen, dem heutigen Mupulungu. 1985 wurde dieser Cichlide von Colombé & Allgayer in die Gattung Neolamprologus gestellt. Ein Jahr später beschrieb Poll (1986) für die Nanderbuntbarsche jedoch die neue Gattung Altolamprologus, der gegenwärtig drei Arten zugerechnet werden.
Rare Panzerwelse aus dem Norden Boliviens
Allerlei attraktive Bartelträger harren noch ihrer Entdeckung, manche sind nicht sicher einer bestimmten Art zuzuordnen. | von Daniel Konn-Vetterlein
Eine der spektakulärsten Wels-Neuentdeckungen der letzten Jahre kommt aus Bolivien und wurde in der DATZ unter Ancistrus sp. L 519 vorgestellt (Konn-Vetterlein 2021). Nach der Ersteinfuhr 2018 dauerte es nur wenige Jahre, bis die Art weltweit zu den am häufigsten gepflegten Antennenwelsen gehörte, und mittlerweile ist sie fest in der Aquaristik etabliert. Solch einen Siegeszug erleben aber wenige bolivianische Welsarten, denn sie sind nur durch viel Einsatz zu bekommen. Das trifft auf viele Panzerwelse zu.
Brochis haraldschultzi (Knaack, 1962), B. isbrueckeri (Knaack, 2004) und B. noelkempffi (Knaack, 2004) gehören zu diesen schwierig zu findenden Arten. Ersterer ist in der Aquaristik immerhin relativ gut bekannt. Zwar gelingt die Vermehrung bis heute nur selten, aber aus Brasilien stammende Individuen sind regelmäßig im Handel zu bekommen. Mit den beiden Letzteren verhält es sich anders. Selbst Bilder sind rar, von lebenden Individuen in Aquarien ganz zu schweigen. Brochis isbrueckeri zeichnet sich laut Evers & Fuller (2005) durch einen dunklen Fleck in der Dorsale aus, der bei B. noelkempffi fehlt, ansonsten sind sich beide Arten sehr ähnlich und zeigen auch viele Parallelen zu B. haraldschultzi, sind aber etwas gestreckter.