Rössels Recht
Dietrich Rössel arbeitet nach über 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer Naturschutzbehörde und stellt uns regelmäßig die neuesten Rechtsfragen rund um das Tier vor.
Auswirkungen eines Verbots der Wildtierhaltung auf die Aquaristik
Aquarianer und Tierschützer verbinden die Liebe zur Natur und ein Interesse an Tieren. Obwohl also für konfliktfreie Beziehungen gute Voraussetzungen bestehen, gibt es seit Längerem Probleme. Von Wolfgang Staeck
Seit dem Ende der 1980er-Jahre kritisieren Natur- und Tierschutzorganisationen die Aquaristik öffentlich als eine mit modernen Vorstellungen von Tier- und Artenschutz nicht mehr zu vereinbarende Freizeitbeschäftigung. Neuerdings fordern diese Organisationen (unter anderem in einer Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbunds vom 30.9.2011) und sogar politische Parteien (SPD, Bündnis 90 / Die Grünen, Die Linke; siehe auch ZZA 9/2013) nun ein Import- und Haltungsverbot für Wildtiere. Dementsprechend wurde im Koalitionsvertrag vom 27.11.2013 vereinbart, dass Importe von Wildfängen in die EU grundsätzlich verboten werden sollen. Bei allen Aussagen, die ich im Folgenden treffe, habe ich die Süßwasseraquaristik im Blick.
Was unterscheidet eigentlich Wildtier- von Haustierhaltung?
Gibt es Unterschiede zwischen Haustieren und Wildtieren? Sicher. Aber rechtfertigen sie auch, ein Haltungsverbot für Wildtiere zu fordern? Wohl kaum. Das meint jedenfalls der Autor der folgenden Zeilen. Von Frank Schäfer
Es gibt keinen vernünftigen Grund, ein Verbot der Wildtierhaltung zu fordern. Weder sterben durch die Wildtierhaltung Arten aus, noch werden dadurch Mitmenschen, die nicht an der Tierhaltung interessiert sind, in höherem Maße gefährdet, als es bei ausnahmsloser Haltung domestizierter Tiere der Fall wäre. Alle bisher vorgetragenen Argumente gegen eine Wildtierhaltung – seien sie unter dem Aspekt des Tier-, des Arten-, des Umwelt- oder des vorbeugenden Gesundheitsschutzes vorgebracht – erweisen sich als haltlos, betrachtet man sie allein mit Blick auf diese Form der Tierhaltung – mit der Betonung auf „Wild-“. In den Tierheimen dieser Republik findet man nämlich nach wie vor hauptsächlich domestizierte Tiere – Stichwort: Tierschutz. Hunde und Katzen stellen das Gros der Tiere dort. Wegen der vergleichsweise geringen Zahl sogenannter Exoten, die in Tierheimen landen, ein allgemeines Wildtierhaltungsverbot zu fordern, ist lächerlich.
Tierhaltung und Mietrecht
Seitdem der Bundesgerichtshof, wie an dieser Stelle bereits berichtet, sich tierhalterfreundlich zu Klauseln in Mietverträgen äußerte, die die Haltung von Tieren (zu) sehr einschränken (Az. VIII ZR 168/12), folgten einige Gerichte dieser Auffassung. So stufte das Landgericht Berlin (Az. 63 S 493/12) nicht nur das Totalverbot der Haltung bestimmter Tierarten als unwirksam ein, sondern auch eine Formulierung, die die Haltung von bestimmten Tiergruppen (hier Hunde und Katzen) von einer Genehmigung abhängig macht. Das bedeutet, dass stets im Einzelfall und unter Abwägung der Interessen aller Vertragsparteien zu entscheiden ist, ob eine Tierhaltung genehmigt wird.
Wieder einmal – der Frosch im Gartenteich
Die Frage der Lärmbelästigung durch Frösche beschäftigte schon viele Gerichte. Das juristische Problem besteht darin, dass der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch gegenüber dem Teichbesitzer mit artenschutzrechtlichen Vorschriften kollidiert: Es ist nicht einfach erlaubt, unter Artenschutz stehende Tiere umzusiedeln oder gar durch das Verfüllen eines Teichs ihren Lebensraum zu zerstören. Dietrich Rössel
Nun sind die Knabberfische wirklich vor Gericht ...
Die rechtlichen Fragen um die Nutzung von „Knabberfischen“ wurden in dieser Zeitschrift bereits dargestellt (Rössel 2013). Nun hatte ein Gericht – wohl erstmalig – über die Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Garra rufa – und zwar nicht zu medizinischen, sondern zu kosmetischen Zwecken in einem Friseursalon – zu entscheiden. Das Ergebnis überrascht. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Urteil vom 15.5.2014, Az. 16 K 5116/ 12) – verpflichtete die beklagte Stadt dazu, der Klägerseite die tierschutzrechtliche Genehmigung für den Einsatz der Fische zu erteilen. Zur Begründung wurde angeführt, dass auch kosmetische Zwecke ein nachvollziehbares, billigenswertes Interesse sein könnten. Im konkreten Fall seien die Haltungs- und Einsatzbedingungen für die Tiere so beschaffen, dass ein etwaiges Leiden der Fische im Vergleich zu dem zu erwartenden Nutzen als geringfügig anzusehen sei. Der Einsatz sei daher zu genehmigen. Das Urteil erstaunt. Der Einsatz von Saugbarben zu rein kosmetischen Zwecken ist nach Ansicht des Verfassers und wohl auch nach Auffassung der meisten Veterinärbehörden rechtlich nicht vertretbar. Ob die Entscheidung rechtskräftig wird oder ob eine Berufungsinstanz das Urteil noch ändert, bleibt abzuwarten – und zu hoffen. Dietrich Rössel
Literatur Rössel, D. (2013): „Knabberfische“ vor Gericht? – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 66 (11): 40–41.